Arbeitslager
Riensbergerstraße
Arbeitslager des Sozialgewerks Bremer Handwerker
an der Riensberger Straße/Achterstraße
Das Lager wurde 1942 vom Sozial-Gewerk Bremer
Handwerker als Arbeitslager auf einer Fläche von 3 ha (ca. 90m x 300m)
errichtet. Der Eingang befand sich an der Riensberger Straße in Höhe des
heutigen Magdalene-Timme-Wegs. Im Norden wurde es durch die kleine Wümme
begrenzt, nach Westen zog es sich über das Gelände der heutigen
Recycling-Station Horn bis zum Bahnübergang Achterstraße.
Auf dem Gelände befanden sich 10 Mannschaftsbaracken, 2
Wirtschaftsbaracken, 4 Klosettbaracken. 2 Waschbaracken sowie je eine
Geräte-, Führer- und Sanitätsbaracke.
Um die Arbeitskräfte vor Luftangriffen zu schützen, waren 4 notdürftige
Splittergräben angelegt worden. Zahlreiche – vor allem am Rand des
Grundstücks - Lichtmasten erhellten das Lager in der Dunkelheit.
Die Mannschaftsbaracken waren ca. 8m breit und 35m lang. Jedes Segment
(Raum) hatte eine Breite von 6,6 m. Das ergab in der Summe 50 Räume.
In dem für 500 Zwangsarbeiter geplanten Lager sollten bis zu 800 Menschen
untergebracht werden. In der Spitze sind bis zu 1000 Menschen in den
Baracken untergebracht worden. Das bedeutet, dass in einem Raum von ca.
50m² bis zu 20 Zwangsarbeiter untergebracht wurden.
Das Bremer Sozial-Gewerk plante das Lager mit Zwangsarbeitern zu belegen,
die in den besetzten Gebieten „angeworben“ werden sollten, um sie in
Bremer Handwerksbetrieben und auf Bauernhöfen einzusetzen.
Vorrangig wurden die Baracken jedoch mit Arbeitskräften belegt, die in
kriegsnotwendigen Betrieben arbeiteten (Rüstungsindustrie,
Trümmerbeseitigung/Baugewerbe Versorgung) untergebracht. Unter Anderem
arbeiteten die Zwangsarbeiter Bei den Borgward-Werken, bei Focke-Wulff,
der AG Schiffbau, sowie den Firmen Schellhaas, Cordes u. Sluiter, Lloyd
Dynamo und Engelhardt u. Förster.
Die Lagerinsassen wurden mit vergitterten Sonderzügen der Bremer
Straßenbahn in geschlossenen Gruppen von der Endstation Horn zu ihren
Arbeitsstellen gefahren.
Mit fortschreitender Zerstörung von Wohnraum im Verlauf der Luftangriffe
wurden auch Fremdarbeiter, die in Privatunterkünften wohnten in das Lager
umgesiedelt, um den freiwerdenden Wohnraum ausgebombten Bremern zur
Verfügung zu stellen.
Gegen Kriegsende plante die SS im Bedrohungsfall die Zwangsarbeiter zu
verlegen. In der sich schnell zuspitzenden Situation wurde der Plan
aufgrund fehlender Logistik und fehlender personeller Ressourcen nicht
mehr umgesetzt.
Nach Kriegsende wurde das Lager wurde von den amerikanischen Truppen
beschlagnahmt und genutzt. In den Wohnbaracken wurden Flüchtlinge und auch
Bremer Familien, die durch Luftangriffe obdachlos geworden waren,
untergebracht.
Zu ihnen gehörte die Familie Rodowski aus Walle. Die Familie wurde dreimal
ausgebombt. Nachdem sie deshalb zweimal weit weg von Bremen (Odenwald und
Umgebung von Osnabrück) untergebracht worden waren, wurde ihnen von den
Amerikanern 1945 ein einzelnes Zimmer in der Holzbaracke Nr. 10 im ehem.
Zwangsarbeiterlager zugewiesen. Dort zog die 6-köpfige Familie, bestehend
aus Eltern und vier Kindern, sowie die Großmutter, ein. Das Zimmer hatte
keine Heizung, gekocht werden musste auf ein offenes Feuer draußen vor der
Baracke. Im gleichen Jahr wurde der älteste Sohn Friedrich mit 10 Jahren
zum ersten Mal in seinem Leben eingeschult. 1947 durfte die Familie
innerhalb des Lagers in die renovierte Baracke Nr. 4 umziehen, wo sie noch
bis Anfang 1949 lebte. Danach zog sie um in ein anderes Lager an der
Osterholzer Heerstraße, das während der NS-Zeit ebenfalls für die
Unterbringung von Kriegsgefangenen gebaut, aber bedingt durch das
Kriegsende nicht mehr belegt wurde. In diesen Klinkerhäusern lebte die
Familie noch bis 1957, als ihnen eine Wohnung in der Gartenstadt Vahr
vermietet wurde.
Bis zur Räumung und Aufgabe des Lagers war die Unterkunft wegen der
mangelnden Hygienestandards und der sozialen Konflikte immer wieder im
Blickpunkt der Öffentlichkeit. Die endgültige Räumung des Lagers erfolgte
1962, nachdem sich die Wohnungslage in Bremen entspannt hatte. Zahlreiche
der zuletzt verbliebenen Einwohner zogen in die neu errichteten Wohnungen
in der Heinrich-Geffken-Straße.
Quellen: Staatsarchiv Bremen
2025
Beirat und Jugendbeirat wollen auf Geschichte des ehemaligen Zwangsarbeiterlager
Riensbergerstr. Aufmerksam machen (StK 12.6.)
Gedenken an das Lager Achterstraße (Horner Sept)
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