Hollerland-Chronik

1963 
Einstellung der Grünlandbewässerung mit Kanalwasser

Gründung der Grundstücksgesellschaft Weser (GGW) als privatrechtlich organisierte Gesellschaft, die eine flexiblere Geschäftspolitik betreiben soll als die Liegenschaftsbehörde. Ziel der GGW ist es durch Flächenankäufe eine  im öffentlichen Interesse liegende Grundstücksbevorratungspolitik zu betreiben. Am Stammkapital von 3 Mill. DM sind zu 50% die Stadtgemeinde Bremen, sowie unter anderem die Staatliche Kreditanstalt Oldenburg-Bremen, die Sparkasse Bremen, die Deutsche Hypothekenbank, die Gewoba Bremen und die Bremer Treuhand Gesellschaft zur Förderung des Wohnungsbaus. Um die öffentlichen Interessen zu garantieren sind im Aufsichtsrat die Bau- und Finanzsenatoren, sowie die Fraktionen der Bürgerschaft vertreten. Auf der ersten Aufsichtsratssitzung wird Richard Boljahn zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats und des Grundstücksausschusses gewählt.

1964
Auf Anweisung des Aufsichtsratsvorsitzenden Richard Boljahn erteilt die GGW dem Makler Wilhelm Lohmann den Alleinauftrag zur Beschaffung von Grundstücken im Hollerland.

1964/65 
Die GGW erwirbt durch Vermittlung von Wilhelm Lohmann fast 90 Hektar Wiesenfläche zum Preis von 5 DM je Quadratmeter. Die angekauften, nicht arrondierten Geländestreifen, umfassten etwa ein Drittel der Gesamtfläche des Hollerlandes. Lohmann erhielt eine Maklerprovision von 178 TDM, darunter auch 54 TDM für den Ankauf von 27 Hektar Fläche aus dem Besitz der Hans-Wendt-Stiftung, die ohne Makler hätte angekauft werden können.

1966
Die GGW muss für den Ankauf von Grundstücken hohe Kredite aufnehmen, die die Gesellschaft in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen.
22.April: R. Boljahn stellt dem Aufsichtsrat der GEWOBA erstmalig das "Hollerlandprojekt" mit 15000 Wohneinheiten für ca. 500000 Einwohnern mit Autobahn- und S-Bahnanschluss dar; hierfür sollte die GEWOBA über 2 Mio Quadratmeter (50% der Gesamtfläche) erweben.
Am 27.7. wird eine Pressemitteilung über die "Superstadt im Hollerland" veröffentlicht. Neben dem Wohnen sollen auch Betriebe angesiedelt werden, die von der MVA mit Strom versorgt werden können. Der Makler Wilhelm Lohmann plant ein Einkaufszentrum für mehrere hunderttausend Kunden. Als Freizeitangebote sollen ein dem Weser-Stadion vergleichbares Sportzentrum und ein Baggersee mit einer Regattastrecke mit internationalen maßen entstehen.

1967 
Die von der GGW erworbenen Grundstücke werden der Neuen Heimat zum Kauf angeboten. Den größten Teil der Grundstücke, die über den angebotenen "Streubesitz" hinausgehen, hatte der Makler Lohmann bereits "an der Hand".
Im März 1967 teilte das Stadtplanungsamt dem Beirat Horn-Lehe mit, es wisse nichts von Grundstückskäufen und es bestünden keinerlei Planungen über eine Erschließung und Bebauung vor Ablauf von zehn Jahren.
 

Die während der öffentlichen Auslegung des Flächennutzungsplanes eingegangenen Anregungen und Bedenken werden in einer öffentlichen Beiratssitzung beraten. Nach Aussage des Ortsamtsleiter Könsen war seinerzeit bekannt, dass im Hollerland Grund und Boden zum Zweck einer späteren Bebauung aufgekauft wurde. Damit dringen die ersten Informationen über Grundstücksaufkäufe, die den Beginn des Baulandskandals einläuten, an die Öffentlichkeit. 

Juli: Die Grundstücksgesellschaft Weser und ein Grundstücksmakler haben bereits den größten Teil der rund 3,6 bis 3,7 Millionen Quadratmeter großen Fläche im Auftrag der Gewoba und der Treuhand angekauft. Die Verträge für den restlichen Teil stehen vor dem Abschluss. Darüber, wie die bisher überwiegend landwirtschaftlich genutzten Ländereien im Einzelnen bebaut werden sollen, gibt es noch keine präzisen Vorstellungen. Auf den mehr als drei Millionen Quadratmetern großen Gelände ließen sich, nimmt man die Neue Vahr als Vergleichsmaßstab, über 14 000 Wohnungen errichten. Motor des Vorhabens ist der Aufsichtsratsvorsitzende Richard Boljahn, der, hier nicht nur wie in der neuen Vahr Wohnungen sondern auch Gewerbe mit Arbeitsplätzen schaffen will.  Ein Baggersee könnte endlich den Bau einer Regattastrecke mit internationalen Maßen in der Hansestadt ermöglichen, denkbar wäre auch ein neues, dem Weser-Stadion vergleichbares Sportzentrum in größeren Dimensionen. Der Aufsichtsrat der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft m.b.H. (Gewoba) will an die Muttergesellschaft, die „Neue Heimat“, herantreten, um einen internationalen Architektenwettbewerb für den Bau einer „Satelliten-Stadt“ ausschreiben zu lassen. (Weser-Kurier 22. Juli 1967)

Im August beschließt der Aufsichtsrat der GEWOBA einen internationalen Wettbewerb auszuschreiben. 

Der Leiter des Stadtplanungsamtes, Oberbaurat Eilers spricht sich, gegen eine Bebauung des Hollerlandes aus.

Ortsamtsleiter Könsen erklärt auf der Beiratssitzung am 7.9., eine Bremer Baugesellschaft habe "lediglich Gedanken" geäußert, hier eine Wohnstadt für 50000 Einwohner zu schaffen. 
(Ostbremer Rundschau
15.9.1967
und 13.10.1967)

1968
Für die Planungen der Hollerstadt soll ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben werden. Die Planung sieht Wohneinheiten für 50000 Einwohner, Industriebetriebe sowie einem Einkaufszentrum mit Warenhäusern und Tausenden von Einstellplätzen vor, die auch Bewohnern anderer Stadtteile zum Einkauf in die "Superstadt" locken
sollen.
Ostbremer Rundschau 24.5.1968  

Baudirektor Anton Kurp ( Leiter des Amtes für Straßen- und Brückenbau) stellt dem Beirats im Zusammenhang mit dem Autobahnausbau die Planung einer neuen Autobahnauffahrt vor. Es wird geplant die  H.-H.-Meier-Allee bis Borgfeld und Lilienthal weiterzuführen (Hollerlandtrasse).  In Höhe der Kopernikusstraße soll eine von der Lilienthaler Heerstraße zur Autobahnauffahrt Freihäfen abgehende Straße die zukünftige Wohnstadt im Hollerland erschließen.
Ostbremer Rundschau 28.6.1968

1969

Am 7. Juli legt Richard Boljahn seine Ämter nieder. Zwei Tage später setzt die Bürgerschaft einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss ein.
Am
31. Juli 1969 tritt der Bausenator Wilhelm Blase zurück.
A
m 11. August wird Richard Boljahn in seiner Position als DGB-Ortsvorsitzender für zwei Monate beurlaubt, am 6. November tritt er als Aufsichtsratsvorsitzender der GEWOBA zurück. Die zwei Abschlussberichte des Untersuchungsausschusses wurden am 15. August 1970 vorgelegt und übten heftige Kritik an Boljahn und verschiedenen anderen Politikern. Im selben Monat beschloss die SPD-Fraktion der Bremischen Bürgerschaft, Boljahn nicht für die Bürgerschaftswahl am 10. Oktober 1971 zu nominieren.

1970

Der Bericht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses wird vorgelegt. Die abschließende Debatte zur „Baulandaffäre“ fand am 21. September 1970 in der Bürgerschaft statt. Boljahn blieb ihr, fern und teilte schriftlich mit, er wolle den Ablauf der Debatte nicht stören.
Die „Neue Heimat" und die „Bremer Treuhand" wollen einen Teil der im Hollerland erworbenen Grundstücke zwischen Lilienthaler Heerstraße, Lehester Deich, Kuhgrabenweg und Bundesautobahn verkaufen.
Die Grundstücke waren vom Senator für die Finanzen von der Grunderwerbssteuer unter der Voraussetzung befreit worden, dass sie nicht bebaut, sondern zum Selbstkostenpreis an bremische Wohnungsbauunternehmen – nach einer mit dem Senator für das Bauwesen zu treffenden Aufteilung - weiterverkauft würden.
Der Senat hat sich mit der Veräußerung der Grundstücke einverstanden erklärt. Pläne für das Hollerland-Gebiet liegen noch nicht vor. Es gilt der Flächennutzungsplan, der das Gelände als landwirtschaftliche Nutzfläche ausweist. Für die nahe Zukunft sind keine Bebauungspläne für das Hollerland zu erwarten,
Senator Seifriz hat die Beteiligten auf den Bericht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Prüfung der beanstandeten Grundstücksgeschäfte hingewiesen, in dem die Auffassung vertreten wird, dass die sich aus den Verträgen zwischen der „Neuen Heimat“ und dem Makler Lohmann ergebenden Gewinne - bei einer Verwendung der Grundstücke im Hollerland für den sozialen Wohnungsbau - vom Lande Bremen nicht als Grunderwerbskosten subventioniert werden dürfen.

1978

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion beschließt einstimmig, im Rahmen des Eigenheimerschließungsprogramms den Neubau von insgesamt 3500 Wohneinheiten auf größeren Stadtrandflächen wie beispielsweise in Blumenthal, Huchting, Mahndorf oder Horn-Lehe-West anzustreben.
Vorlage der "Pilotstudie Horn-Lehe-West" (Osthausstudie) zur Bebauung des Hollerlandes
Der SPD-Ortsverein Horn-Achterdiek begrüßt in einer vom späteren Bürgermeister Wedemeier unterzeichneten Erklärung die in der Osthausstudie vorgesehene Bebauung des Hollerlandes 
21.3.; Auf einer Einwohnerversammlung wird die Osthausstudie im Beisein von Bausenator Seifriz vorgestellt. Zahlreiche Bürger sind sind dem Aufruf der BI für die Erhaltung des Hollerlandes gefolgt, viele von ihnen finden im Saal des Ortsamtes keinen Platz und müssen vor der Tür warten. (Dokument, Dok)
Am 20.4. spricht sich der Beirat Horn-Lehe einstimmig für die in der Pilotstudie vorgesehenen Bebauung des Hollerlandes aus

Juni:
Der SPD-Unterbezirks Bremen-Ost lehnt die die von einem Teil des Parteitages geforderte Ablehnung von neuen Stadtvierteln auf grüner Wiese – vor allem die Bebauung des Hollerlandes – mit 112 zu 131 Stimmen ab,  nachdem prominente Sozialdemokraten wie Bausenator Hans Stefan Seifriz, Bürgerschaftspräsiden Dr. Dieter Klink, DGB-Kreisvorsitzender Erwin Schmidt und der Unterbezirksvorsitzende Klaus Wedemeier sich mit großem Nachdruck für die von Bürgerschaft und Senat vertretene Wohnungsbaupolitik ausgesprochen hatten.
Oktober: Die „Bürgerinitiative zur Abwehr der Hollerstadt“ legt eine 25 Seiten umfassende Untersuchung vor, in der sämtliche Argumente gegen eine Bebauung der Wiesen- und Sumpflandschaft im Westen von Horn-Lehe aufgelistet sind.

1997
91.11. Der WK berichtet über heftige Kontroversen in der SPD/CDU Koalition zum Bau der Hollerlandtrasse

1998
Offizielle Inbetriebnahme einer neuen Schleuse zur Regulierung des Wasserstandes im Hollerland am Lehester Deich

2000
7.5. Erster "Aktionstag für die Naherholung"

2002
19.3. Wirtschaftssenator J. Hattig erklärt in der aktuellen Stunde die Westerweiterung sei nur Übergabngslösung; langfristig muss der TP weiter wachsen; Flächen hierfür gibt es nur im Hollerland. J. Böhrnsen nennt dies am Folgetag Fortsetzung der Verunsicherung

2003
17.6. "Kompromiss" in den Koalitionsverhandlungen von SPD und CDU: Meldung von 2/3 als besonders schützenswert an die EU, 1/3 Option für Erweiterung des Technologieparks
6.7. 80. Geburtstag des Hollerlandaktivisten Gerold Janssen

2004
Dezember: Der Bremer Senat beschließt das gesamte Hollerland als FFH-Gebiet zu melden