Oelrichs,
hanseatische Familie. (ev.) Seit dem 15. Jahrhundert in Bremen ansässige Familie. Gerhard (1727-89), jüngerer Sohn des Johann (1693-1752), Brauer in Bremen, und der Elisabeth Dwerhagen, erhielt. den Titel "Kaiserlicher Rat", war Syndikus des Kollegiums der Älterleute und gelangte in Folge seiner dritten Ehe mit Almata von Büren 1775 in den Besitz des Erbgutes in Tenever bei Bremen, das bis 1892 im Besitz der Familie verblieb. August Friedrich v. (1801-68) stand als Major und Adjutant in einer besonderen Vertrauensstellung zu Prinz Wilhelm von Preußen (später Kaiser Wilhelm I.), den er 1848 auf seiner Flucht nach England begleitete. Zuletzt war er preußischen Generalleutnant in Berlin. Johann Gerhard (1781-1823) lebte als Kaufmann in Bremen, war 1813-15 Major und Bataillonschef der Bürgergarde, zugleich Kommandant der Stadt Bremen.
1871 wählte die Gewerbekammer ihn an Stelle seines verstorbenen Vaters zu ihrem Konsulenten. Auch gehörte Oelrichs dem Vorstand des Gewerbe- und Industrie-Vereins an, der 1861, kurz nach der Einführung der Gewerbefreiheit in Bremen, von seinem Vater mitbegründet worden war. Als Mitglied der 3. Klasse 1872 in die Bürgerschaft gewählt, entfaltete er in einigen ihrer Deputationen eine eifrige Tätigkeit. Am 21. 9.
1878 e wählte die Bürgerschaft Oelrichs mit 90 Stimmen in den Senat.
In dieser Körperschaft bearbeitete er anfangs das Gebiet der
Gewerbeangelegenheiten. Wenig später wurde er Mitglied der
Senatskommission für das Unterrichtswesen und der Senatskommission für
die kirchlichen Angelegenheiten. In diesen Gremien hatte der
dienstältere Senator Diedrich Ehmck bis 1907 das größere Gewicht.
Trotzdem drückte er im Einvernehmen mit der Schulvorsteherschaft 1898
einen neuen Lehrplan durch, der den Vorstellungen des missliebigen
Schulinspektors Johann August Köppe widersprach. In die Amtszeit von Senator Oelrichs
fiel der Bremer Schulstreit, der von 1905-1907 vor allem zwischen dem
Schulinspektor Köppen und der Bremer Lehrerschaft ausgetragen wurde
und in dem es um die Reformierung des Religionsunterrichtes ging. In
der bremischen Lehrerschaft war nach dem Rücktritt Köppes (1907)
eine Beruhigung eingetreten. Oelrichs bemühte sich, mit der
lehrerschaft eine vertrauensvolle Zusammenarbeit herzustellen. Als
Mann, der in der Tradition des 19. Jahrhunderts groß geworden war,
vermochte er allerdings neuzeitlichen Erfordernissen der Pädagogik
nur zögernd zu folgen. Dennoch wurde er von der überwiegenden
Mehrheit der bremischen Lehrer geschätzt. Metta Meinken eine couragierte Lehrerein berichtet: Eines Tages war sie bei Senator Oelrichs vorgeladen. Da der Senator es offenbar nicht für nötig erachtete, ihr einen Platz anzubieten, sagte sie: „Bitte, Fräulein Meinken, setzen Sie sich! - Danke schön, Herr Senator", und Metta Meinken setzte sich stracks auf den nächstbesten Stuhl, was ihr im Handumdrehen eine vom Senator ausgesprochene Ordnungsstrafe von drei Mark eintrug, die sie wiederum ebenso schnell dem Schulgewaltigen auf den Schreibtisch legte, mit den Worten: „De schäd Se hebben, Herr Senator." Nach über 40-jähriger Tätigkeit legte Senator Oelrichs am 30. 10. 1918 sein Senatorenamt wegen vorgerückten Alters nieder. |
Vgl. Dieter Leuthold, Neue deutsche
Biographie, |
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