Ernst Gorsemann:

Bildhauer, geb. 15.2.1886 Bremen, gest. 19.7.1960 Bremen, lebte bis zu seinem Tode an der Leher Heerstraße   

Ernst Gorsemann wuchs unter ärmlichen Verhältnissen in einer Arbeiterfamilie auf. Er erlernte zunächst das Maurerhandwerk, bildete sich u.a. durch den Besuch des Technikums weiter und wurde Bauführer, neigte aber immer mehr der Bildhauerei zu. Er besuchte die Kunstakademie in Kassel und war dann im Atelier von Tuaillon in Berlin tätig. In seinen Jugenderinnerungen "Vom Morgen bis zum Mittag" schildert er seine Begegnungen mit Tuaillon und dem Bremer Bürgermeister Hildebrand:

"Ungefähr um diese Zeit kam einer der bekanntesten und geehrtesten Bildhauer Deutschlands, Professor Louis Tuaillon, nach Kassel. Er wurde auch in mein Atelier geführt und fand freundliche Worte über meine Arbeiten. Dass ich im Herbst desselben Jahres nach Berlin in ein von ihm geleitetes Meisteratelier übersiedeln konnte, ist nicht nur als Folge dieses Besuches anzusehen.
Durch wohlwollende Menschen war der Bürgermeister meiner Vaterstadt, Hermann Hildebrand, auf mich aufmerksam geworden. Man riet mir, ihm bei meiner nächsten Anwesenheit in Bremen im Rathause meine Aufwartung zu machen. Nicht ohne innere Erregung ging ich hin. Ein Mann, durch sein Amt den deutschen Fürsten gleichgestellt, würde sich einige Minuten im Gespräch zu mir herablassen, um mich dann schnell zu verabschieden, so etwa dachte ich. Aber nichts von Kühle und Überlegenheit: ein warmherziger Mensch gab mir freundlich die Hand und wusste so gütig seine Fragen zu stellen, dass ich alle Befangenheit verlor und meine Worte nicht zu suchen brauchte. Das Gespräch kam bald auf Prof. Tuaillon, der für Bremen das Kaiser-Friedrich-Denkmal geschaffen und von dem ein Großkaufmann den Rosslenker für die Wallanlagen erworben hatte. Ich erfuhr, dass Hildebrand bereits an Tuaillon geschrieben und dass ich, sobald ein Meisteratelier an der Berliner Akademie frei sei, dorthin gehen könne. Es sei wohl an der Zeit, so meinte er, dass ich eine kleine Stadt wie Kassel verlasse und zu einem großen Meister komme. Als ich meine Überraschung und meinen Dank über diese Wegbereitung stammelte, sagte Hildebrand ganz schlicht: " Ich tue damit nichts Außergewöhnliches. Was ich tue, betrachte ich als meine Pflicht Ihnen gegenüber." Das machte einen so starken Eindruck auf mich, dass ich mir die Tränen verbeißen musste. Ein Mann, der überhäuft war mit Staatsgeschäften, brachte einem jungen Menschen, der noch kaum eine eigene Leistung aufzuweisen hatte, Vertrauen und Wohlwollen entgegen. Das hatte ich nicht zu hoffen gewagt. Im Laufe der Jahre ist mir die Güte dieses seltenen Mannes immer neu vor Augen getreten. Es war ihm Bedürfnis, andere zu fördern. Menschen mit den verschiedensten Begabungen wandten sich an ihn, und nie vergebens. Er schenkte und half sein Leben lang. Viel später baten mich seine Freunde, zu Hildebrands achtzigstem Geburtstag einen Brunnen zu entwerfen, der öffentlich aufgestellt werden sollte. Ich sann lange nach, bis ich zu der Komposition einer Rehmutter gelangte. Man kann sich in Novellen lang ergehen, man kann in Bildern allegorisch vieles malen, aber plastisch sich auszudrücken verlangt die einfachste Form. Zu der Formenschönheit eines Rehes, die jedes Gemüt berückt, kommt hinzu die große Sorglichkeit dieses Gottesgeschöpfes für seine Jungen. So war ich im ewigen Gleichnis der Natur allem Menschlichen enthoben. Die Freude des Jubilars über diese Ehrung war groß, doch ließ es seine Bescheidenheit nicht zu, sich mit anderen vor diesem Brunnen sehen zu lassen."

Im 1. Weltkrieg war er Sanitäter und entwarf auch Soldatenfriedhöfe. Nach dem 1. Weltkrieg war er freischaffender Bildhauer und schuf u.a. eine Reihe von Porträtbüsten und -plaketten. 1933 wird der von ihm geschaffene „Hildebrand-Brunnen“ (Rehbrunnen) in den Wallanlagen aufgestellt. 1934-35 gestaltete er das Kriegerehrenmal auf der Altmannshöhe mit der Plastik „Mutter und Kind“. Im April 1934 wurde Gorsemann als Professor für Bildhauerei an die Nordische Kunsthochschule berufen. In den folgenden Jahren gestaltete er eine Reihe von Denkmälern und Plastiken. Am 1.12.1937 erhielt er auf der Pariser Weltausstellung für seine auf dem Dachgarten des deutschen Hauses aufgestellte Plastik das Wisent die goldene Medaille. Die Plastik stand anschließend auf der Ausstellung „Bremen – Schlüssel zur Welt, und wurde 13.8.1940 im Rhododendronpark aufgestellt. Im Juni 1938 wurde ein von ihm ein für den Schöpfer des Bürgerparks, Wilhelm Benque, gestalteter Gedenkstein im Eichenhain, nahe dem Melchers-Pavillion aufgestellt. 1939 wird ein von ihm entworfenes Reiterstandbild für die Gefallenen des Krieges 1914/18 im Chor der Martinikirche aufgestellt. Von Prof. Gorsemann stammt auch die Grabplatte des Erzbischofs  Adalbert in der Ostkrypta des  Doms. Gorsemann war 1939 Mitglied des Ausschusses für die Erneuerung des Bremer Roland. 1945 musste er das Lehramt aufgeben; nach dem Kriege arbeitete er weiter und schuf unter Anderem seinen eigenen Grabstein.  

Ehemaliges Wohnhaus von Professor Ernst Gorsemann an der Leher Heerstraße mit der von ihm geschaffenen Plastik eines Bären.

Weitere Werke (Auswahl):

 
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