Frensdorff, Hans Martin Wilhelm (Willy)
à 4.3.1881 in Hamburg, Sept. 1947 in Shanghai,
wohnhaft Weyerbergstraße 1 (3)

W. Frensdorff war Sohn jüdischer Eltern. Vor seiner Hochzeit trat er, ebenso wie seine katholische Braut Melitta, zum evangelischen Glauben über. Trotz dieses Übertritts wurde er nach den Nürnberger Gesetzen aufgrund seiner Herkunft als  Jude eingestuft.
Frensdorff nahm am ersten Weltkrieg teil und wurde unter anderem mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet. Von 1920 bis November 1938 war er bei der A.G. "Weser" als Oberingenieur in verantwortlicher Stellung - zuletzt als Leiter der elektrischen Abteilung - beschäftigt. Weihnachten 1929 wurde er mit einigen anderen Mitarbeitern, die am Bau des Schnelldampfers BREMEN beteiligt waren wegen besonderer Verdienste ausgezeichnet. 1937/38 bezog er sein neu errichtetes Haus in der Weyerbergstraße, das auf den Namen seiner Frau im Grundbuch eingetragen war.
1935 wurde er als Jude denunziert indem dem Generaldirektor der A.G. Weser der Stammbaum der Frensdorf-Familie zugespielt wurde. Auch eine weitere Denunziation 1937 blieb ohne Folgen, da sich Generaldirektor Stapelfeld erneut vor ihn stellte. Noch Anfang 1939 dachte Frensdorff nicht an Ausreise, da er für sich aufgrund seiner beruflichen Qualifikation und Stellung eine Ausnahmeregelung erhoffte. Er wandte sich über Stapalfeld an Hermann Göring, um als "Reserve-Jude" aufgrund der Personalengpässe auf der A;G: "Weser" bleiben zu können. Das Gesuch wurde negativ beschieden.
Am 9. November 1938 wurden während der Progromnacht 163 jüdische Männer verhaftet. Frensdorff gehörte nicht zu dieser Gruppe, da er sich zu dem Zeitpunkt auf einer Probefahrt eines NDL-Frachters befand. Seine Verhaftung erfolgte nach seiner Rückkehr aus Bremerhaven am Abend des 10.November. Zusammen mit den anderen inhaftierten wurde er in das Konzentrationslager Sachsenhausen eingeliefert. Dank der Fürsprache und der Beziehungen des Generaldirektors der AG "Weser", Franz Stapelfeld, wurde W. Frensdorff nach wenigen Wochen freigelassen, durfte allerdings nicht mehr auf der Werft arbeiten.
Im  Januar 1939 beginnt Frensdorff mit der Suche nach Auswanderungsmöglichkeiten. Am 26 Januar ging er auf das Politeirevier um sich nach den gesetzlichen Bestimmungen den jüdischen Vornamen "Israel" in den Pass eintragen zu lassen. In den Folgemonaten erkundigt er sich nach Ausreisemöglichkeiten nach Thailand, den Philippinen, Paraguay und Guatemala. Am 15. Mai sucht er die Lloyd-Passageabteilung mit seinem Bruder auf, und erhielt mit Unterstützung von Kapitän Hashagen die raren Tickets für sich, seine Frau, seine Tochter und die Familie seines Bruders. Am 10. Juli 1939 bestiegen die Familien Frensdorff in Bremerhaven die Scharnhorst in Richtung Genua. Dort verließen seine Frau und seine Tochter das Schiff; am 10. August erreicht W. Frensdorff Shanghai.
Während W. Frensdorff auf See war, hatten die Japaner am 9. August Einreisebeschränkungen für Juden erlassen. Danach mussten diese ein "Vorzeigegeld" vorweisen. Frensdorff blieb von dieser Maßnahme verschont, da eine Übergangsregelung für Schiffe, die sich bis zum 21. 10 auf See befanden eingeräumt wurde. Frensdorff hatte in letzter Minute Deutschland verlassen können, das Schwesterschiff Potsdamm lief noch mit Passagieren nach Ostasien aus, musste wegen des Kriegsausbruchs aber in den Heimathafen zurückkehren.

1940 plante Melitta Frensdorff nach Abschluss der Ausbildung ihrer Tochter ihrem Mann zu folgen. Sie vermietete das haus in der Weyerbergstraße und fuhr mit der Transsibirischen Eisenbahn und einem Japanischen Schiff nach Shanghai. Melitta Frensdorff konnte sich in der neuen Umgebung nicht eingewöhnen; sie litt besonders unter dem Klima und kehrte nach sechs Wochen nach Deutschland zurück. Als die Japaner in Hongkew ein Ghetto für alle staatenlosen einrichtete, musste Frensdorff mit Tochter und Schwiegersohn die Wohnung verlassen und ins Ghetto ziehen. Bis zur Kapitulation und Auflösung des Ghettos starben zehn Prozent der Einwohner - 1 700 Menschen) an Unterernährung, Krankheiten, Seuchen, Hunger und Selbstmord.
Willy Frensdorff überlebte. Er starb im September 1947 ohne seine Frau wieder gesehen zu haben.

Quelle: P. Kuckuk, Die Emigration des Willy Frensdorff in (64)
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