Andreas (Andree) Bölken,
25.7.1901 bis 27.2.1965 Landwirt, Kaufmann, Senator. Eigentümer des Bölken-Hofs (Leher-Heerstraße 107). Andree Bölken betrieb zunächst Obst- und Gemüseanbau und verkaufte nach dem ersten Weltkrieg Kartoffeln an der „scharfen Ecke“ (Gastwirtschaft, später Pelz Laube und jetzt China-Restaurant) gegenüber dem langen Jammer . Später stellte er auf Milchwirtschaft um und vertrieb in Lizenz der Veterinärbehörde „Vorzugsmilch“ unter seinem Namen. „Bölken Milch“ war ein Begriff in Horn und Schwachhausen. „Vorzugsmilch“ wurde als amtlicher Begriff 1930 eingeführt und hatte für den Erzeuger den Vorteil, dass er die Rohmilch direkt vermarkten durfte und nicht an die Molkereien zu niedrigeren Preisen verkaufen musste. Dafür hatten sich die Betriebe einer strengeren Hygienekontrolle zu unterwerfen. Bölken besaß kaum eigenes Weide- und Heuland. Er pachtete Wiesen neben der Horner Mühle und an der Vorstraße im Bereich des jetzigen Vorkampswegs. Gefüttert wurde auch mit „Industrieabfällen“, die bei der Bier- und Schnapsproduktion (Treber, Schlempe) oder der Konservenproduktion (Erbsenschoten) anfielen. Ein 25er Bulldog mit angehängtem Aluminiumtank holte das Futter für die Tiere von den Brauereien oder der Konservenfabrik in der Kornstraße ab. In den 30er Jahren hatte Bölken am Hauptbahnhof und anderen Stellen in ganz Bremen seine Verkaufskioske, an denen er Milchmixgetränke verkaufte. Die Geschäfte liefen trotz des Krieges gut. Nach Erzählungen seines Nachbarn Wedermann soll Bölken während eines Bombenangriffs mit Hans Wedermann auf seiner 98er NSU Quick zur Milchtrinkhalle am Bahnhof gefahren sein, um das Geld aus der Kasse zu holen. Während des Krieges war die Milch rationiert; es war verboten, Milch frei abzugeben. Hiergegen hatte Bölken 1944 anscheinend verstoßen. Der Verstoß führte zu einem Ordnungsstrafbescheid, der jedoch zurückgenommen wurde, da die beanstandete Menge in keinem Verhältnis zu den von seinen 93 Milchkühen erzeugten 360.000 Litern stünde. (Dokument) 1944 wurde Bölken von der Gestapo abgeholt und inhaftiert, weil auf seinem Hof arbeitende Fremdarbeiter, der Ukrainer Michail Fedkiw und der Niederländer Engelke Christiaans ausländische Radiosender gehört hatten.(26) Bölken wurde freigelassen, die Fremdarbeiter zu 1 bzw. 1 1/2 Jahren Zuchthaus verurteilt. Vor dem Einmarsch britischer Truppen im April 1945
soll A. Bölken zusammen mit dem Nachbarn E. Gorsemann und dem Präses
der Industrie- und Handelskammer K. Bollmeyer eine Barrikade unter der
Autobahnbrücke beseitigt haben. (S4) Nach dem Krieg gab es in Bremen über 2000 landwirtschaftliche Betriebe, darunter 20-30, die Vorzugsmilch produzierten, darunter neben Bölken auch der Hof Kaemena an der Vorstraße. Die Milchwirtschaft unterlag einer starken Regulierung. Die Milchproduktion wurde aufgeteilt in wärmebehandelte Trinkmilch und zur Weiterverarbeitung bestimmte „Werkmilch“. Da die Trinkmilch höhere Preise erzielte, mussten die Produzenten eine Ausgleichsabgabe entrichten mit der die „Werkmilch“ subventioniert wurde. Diese Abgabe sollte auch von den Produzenten der „Vorzugsmilch“ entrichtet werden, obwohl diese auf eigenes Risiko erzeugt und vertrieben wurde. Als Kaufmann setzte sich A. Bölken gegen diese
staatliche Reglementierung ein, und setzte vor dem
Bundesverwaltungsgericht durch, dass für die von ca. 300 Betrieben
produzierte Vorzugsmilch keine Ausgleichsabgabe gezahlt werden musste. 1952
erwarb Bölken das Landgut Leher Heerstraße 105 in dem er 1954 gewann Bölken den Veterinärmediziner Dr.med.vet. Hans-Ulrich Wiesner, der von 1954 bis 1962 das auf dem Bölken-Hof befindliche Labor der zentralen Selbstkontrolle des Bundesverbandes der dt. Vorzugsmilcherzeuger e.V. leitete. 1954 hatte er auf seinem Hof ca. 100 schwarzbunte Milchkühe. Gefüttert wurde auch mit „Industrieabfällen“, die bei der Bier- und Schnapsproduktion (Treber, Schlempe) anfielen und die mit einem Lkw mit Anhänger, auf dem sich ein Aluminiumtank befand von den Betrieben abgeholt wurden. Trotz vielfältiger Aktivitäten als Präsident der
Landwirtschaftskammer, Senator für Ernährung,
Aufsichtsrat der Parkhotel GmbH und Inhaber der „Bölken Messe- und
Ausstellungsgesellschaft mbH“ blieb Bölken bis zu seinem Tode bei der
Erzeugung von Vorzugsmilch und betrieb eine Pferdezucht. Sie wurde 1964
aufgelöst; die meisten Pferde wurden in einer Auktion
versteigert. Bölken starb 1965 kinderlos. Aus dem Bölken Hof wurde
ein Restaurant und das Luisenthal wurde als Hotel von einem neuen
Besitzer weitergeführt. |
Informationen v. Prof.em.Dr.med.vet. Hans-Ulrich Wiesner; 800 Jahre Horn-Lehe; Th. Spitta Tagebücher |
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